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Facebook-Fasten für mehr Lebensfreude

von Luzia Ehrbar

Bald beginnt wieder die Zeit vor Ostern, in der Kirchen zum Fasten aufrufen: «7 Wochen ohne» ist der Slogan. Die heilende Wirkung von Fasten wird längst auch von weltlichen Vertretern als uralte und ganzheitliche Methode gefeiert und hat Sphären jenseits von Essen und Trinken erfasst. «Digital Detox» ergänzt die breite Palette von Basenkomplex-Kapseln bis Fasten-Basis-Wochen.

Digitales Fasten soll ein regelrechter Befreiungsschlag sein von den Fesseln der fortwährenden Erreichbarkeit im Spannungsfeld zwischen Like-Ranking und Shitstorm. Was ist dran am Heilsversprechen? Eine Forschergruppe rund um den Wirtschaftsprofessor Matthew Gentzkow vom Stanford Institute for Economic Policy Research (SIERP) hat die Auswirkungen eines vierwöchigen Facebook-Verzichts untersucht. Die bis anhin grösste randomisierte Studie zum Einfluss von Facebook auf das Wohlergehen ihrer Nutzer bestätigt sowohl Skeptiker als auch Befürworter. Rund 600 US-Amerikaner haben einen Monat lang ihren Facebook-Account deaktiviert. Mit täglichen Nachrichten, Fragebögen und einer Auswertung ihrer Tätigkeiten auf Twitter haben Gentzkow et al. erfasst, was Facebook mit ihnen – und uns – macht:

Das Subjektive Wohlbefinden steigt signifikant. Depression und Ängste nehmen ab, Freude und Lebenszufriedenheit nehmen zu. Statt Facebook mit anderen Social-Media-Plattformen zu kompensieren, verbringen die Probanden durchschnittlich mehr Zeit mit Familie, Freunden – und vor dem Fernseher. Die Enthaltsamkeit hält auch nach den vier Wochen ohne noch an. Die Versuchspersonen riefen die Facebook-App nach dem Experiment wesentlich seltener auf als die Kontrollgruppe. Nicht in allen Punkten ist weniger mehr. Die Studie bescheinigt den Versuchspersonen auch weniger Faktenwissen. Facebook scheint also eine wichtige Quelle für politische Meinung zu sein, aber auch zu polarisieren.

Fazit: Mehr «Freunde» mit Facebook – mehr Freude ohne. Vier Wochen ohne Facebook ist machbar. Nur sieben Probanden war die Abstinenz zu viel.

Hier geht’s zur Studie Hunt Allcott, Luca Braghieri, Sarah Eichmeyer and Matthew Gentzkow (2019) «The Welfare Effects of Social Media». Stanford Institute for Economic Policy Research.

http://web.stanford.edu/~gentzkow/research/facebook.pdf

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