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Von der Wohltäterin zur Frauenfirma

von Esther Hürlimann

Wir durften in ein unerforschtes Stück Frauenhistorie eintauchen! Daraus ist die Geschichte der «Freundinnen Junger Mädchen» entstanden. In einem reich bebilderten Buch erzählen wir die Entwicklung einer Frauenorganisation von der ehrenamtlichen Wohltäterin zur professionellen Dienstleisterin. Im Fokus stand heute wie damals: der Bahnhof.

Was uns heute wie selbstverständlich vorkommt, war vor 150 Jahren eine abenteuerliche Neuheit: das Reisen. Das Aufkommen der Eisenbahn hat die Mobilität der Gesellschaft grundlegend verändert. Plötzlich wurde das Unterwegssein zu einem wichtigen Bestandteil des Lebens – sei es für touristische Zwecke, aber auch auf der Suche nach Arbeit. Darunter viele junge Frauen, die sich als Dienstmädchen, Hausangestellte oder Kindermädchen eine Verdienstmöglichkeit suchten.

Über ihr Wohlergehen sorgten sich nicht nur die daheim gebliebenen Eltern, sondern auch gut bürgerliche Frauen, die meist schon in der damals noch privat von den Kirchen getragenen Jugendfürsorge aktiv waren. Ihnen war insbesondere der Frauenhandel ein Dorn im Auge, der nicht wenige dieser «Mädchen» aus existenzieller Not in die Prostitution führte. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken gründeten engagierte Frauen den Verein «Freundinnen Junger Mädchen», dessen Kernangebot eine Anlaufstelle an Bahnhöfen war, das den alleinreisenden Frauen in der Fremde Orientierung und Schutz bot.

Daraus entwickelten die «Freundinnen» im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Angebote wie Stellenvermittlung, Wohnheime und Weiterbildung. Mit der Veränderung unserer Gesellschaft musste sich der Verein immer wieder neu erfinden. Die Sorge um die allein reisende Frau war obsolet geworden. Der Bahnhof aber blieb das Epizentrum ihres Wirkens, wo die «Freundinnen» heute für die SBB Reisebegleitungen durchführen oder in Bahnhofnähe moderne Frauenhotels betreiben.

Das Buch ist eine Reise durch ein weitgehend unbekanntes Stück Frauengeschichte. Es erzählt, wie gesellschaftlich privilegierte Frauen bedürftigen Frauen Unterstützung boten und ihnen damit auch ihre Werte vermittelten. Der reich bebilderte Band schildert auch die Entwicklung des Sozialraums Bahnhof, der bis heute weit mehr ist als ein Ort von Ankunft und Abfahrt, sondern auch Ausgangspunkt von Begegnungen und Abenteuern.

Für uns ganz besonders an diesem Buchprojekt ist, dass wir hier die Spezialdisziplinen unserer Agentur Mobilität, Tourismus und Bildung vereinen konnten. Die Herausforderung war, bei diesem historisch komplexen Thema sowohl seiner Tiefe als auch einem spannenden Storytelling gerecht zu werden. Überzeugen Sie sich selbst, ob uns das gelungen ist: Das Buch ist in jeder Buchhandlung erhältlich oder direkt zu bestellen bei hierundjetzt.ch

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