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ZEICHEN DER ZEIT

von Reto Wilhelm

20 Jahre sind sie nun also schon alt – mehr als volljährig, gewissermassen. Diese Emojis. Diese Zeichensprache, die einst aus purem Zufall – als Telefonkritzelei – entstand. Als Linguist interessieren mich neue sprachliche Entwicklungen stets, sie sind (sprachliche) Zeichen der Zeit. Noch hat der Duden diese Symbole nicht lexikalisiert. Das mag daher rühren, dass sie in Japan erfunden worden waren. Aber es wird auch damit zusammenhängen, dass mittels dieses Instrumentes vor allem eine Ebene angesprochen wird, die nicht-sprachlich ist und sich einer Regulierung entzieht. Diese Ebene ist paraverbal, sprich: Die neue Weltsprache bedient Emotionen, Zwischentöne, Kleinlautes, Humorvolles und vieles mehr. Alles Dinge also, die man mit herkömmlicher Wort-Sprache nur schwer ausdrücken kann. Und sie drückt vor allem non-verbale Momente aus – Gestik, Handzeichen, aber auch Mimik, Lächeln, Ärger, Freude, vieles mehr. Emotionen also, wo Wörter versagen.

Und deshalb wohl sind sie auch so erfolgreich, diese mehr oder minder gelungenen Zeichen. Denn sie sind primäre Lebenszeichen. Ausgehend vom typischen Kindchen-Schema – sprich: Vollmondgesicht im Smiley-Modus plus einfache Striche und andere verdeutlichende Symbol-Elemente, die sofort lesbar sind. Sogar interkulturell sind sie unterdessen verständlich, die Emojis – in verschiedenen Hautfarben und Symbolen aller Ethnien durchsetzt. Und das ist eine echte Leistung. Sie sind einerseits so etwas wie das Esperanto der Sprachlosen geworden… Andererseits sind sie auch der Ausdruck einer Gesellschaft, die völkerübergreifend schnell, einfach und mit viel Fun kommmunizieren will. Vor allem in der bruchstückhaften Social-Media-Sprache, in der auf Kürze angelegten WhatsApp- und E-mail-Konversation sind sie zweckdienlich. Und definitiv beweisen die Emojis, dass sie wirken. 92% der Internetnutzerinnen und -nutzer bedient sich ihrer. Eine neue Studie belegt, dass E-Mail-Nachrichten, die mit Emojis durchsetzt sind, 66% häufiger geöffnet werden als solche ohne Zeichensprache. Und die Auffälligkeit von Push-Nachrichten steigt dank Emojis rasant,  254% häufiger werden sie angesehen, wenn Smiley und Co. mit von der Partie sind. Den unterdessen 2623 Emojis muss man also längst nicht mehr das Wort reden. Ihre universelle Verständlichkeit und Verbreitung spricht schlichtweg für sich. 👏

Details zur Emoji-Studie: www.horizont.net

Hintergrund-Artikel im Tages-Anzeiger: www.tagesanzeiger.ch

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